Use It Or Lose It (?)

Viel gesagt, oft gehört – doch was steckt eigentlich hinter „Use It Or Lose It“?

 

In diesem kleinen Artikel will ich dir genau das erklären.

 

Dein Körper – Ein Meister der Adaptation (Use It ..)

 

Adaptation (von lat. ‚adaptare‘, anpassen, verändern) ist, einfach ausgedrückt, die Fähigkeit sich bestimmten Bedingungen anzupassen. Diese Fähigkeit besitzt jedes Lebewesen – unter anderem der Mensch. Ob du es merkst oder nicht: Dein Körper passt sich täglich zig mal an sich ändernde Umweltbedingungen an. Beispiele: Die Anpassung deines Blutzuckers und der damit verbundenen Insulinproduktion aufgrund einer Mahlzeit, die Anpassung deiner Muskulatur aufgrund von Trainingsreizen, die Anpassung deiner Pupille aufgrund von unterschiedlichen Lichteinwirkungen oder die Anpassungen deiner Nervenzellen aufgrund von wiederholten ausführen einer Bewegung (mehr dazu in meinem folgenden Artikel über Bewegungslernen!). Diese Anpassungen können dabei sehr rasch gehen (Pupillenreflex) oder eine Menge Zeit in Anspruch nehmen (der heiß begehrte Bizeps kommt nicht über Nacht..).

 

Wie kann sich Training oder Bewegung auf deinen Körper auswirken? Eine Anpassung wäre zum Beispiel wie oben schon erwähnt die Dickenzunahme deiner Muskulatur aufgrund von Trainingsreizen (kurz: Hohe Belastungen führen zu Mikrorissen in den Muskelfasern, welche durch neue Bausteine (Proteine) „gefüllt“ werden), Verstärkung deiner Knochen aufgrund einwirkender Kräfte (kurz: Muskelspannungen können unter anderem dazu führen, dass sich die Struktur deiner Knochen auf Mikroebene verändert. Dies geschieht durch eine Veränderung der Ausrichtung der Knochentrabekel [siehe Wolffsches Gesetz oder piezoelektrischer Effekt]),  Verbesserung der Kapillarisierung (Ausbau oder Neubau kleinster Blutgefäße) aufgrund von Ausdauertraining (kurz: Kapillaren, kleinste Blutgefäße, werden erweitert oder neu gebildet um unter anderem Stoffwechselprodukte aus den Muskeln abtransportieren zu können) oder der Verbesserung deiner Beweglichkeit (siehe Artikelreihe).

 

 

kapill

 

Um auf das Sprichwort zurück zu kommen: Wenn du regelmäßig Umstände schaffst, wie zum Beispiel einen Muskel zu trainieren, passt sich dein Körper darauf an. In anderen Worten: Nutze xyz und xyz bleibt dir erhalten – Use It.

 

Dein Körper – Ein Sparfuchs (.. Or Lose It)

 

Realität ist allerdings auch, dass Adaptation in beide Richtungen verlaufen kann: Die Knochendichte/Muskeldicke/Anzahl und Größe der Kapillaren kann sich erhöhen, genauso gut kann sie aber auch abnehmen. Dies merkt man oft nach einer längeren Sport/Trainings/Bewegungspause: Du bist schwächer geworden, du bist steifer geworden und du musst dich bei physischer Betätigung mehr anstrengen als früher. Aber wieso baut der Körper das ab, was er davor so mühevoll aufgebaut hat? Der Hauptgrund ist, dass dein Körper die Energie, die er eigentlich für die Erhaltung z.B. der Muskulatur benötigt in „wichtigere“ Dinge stecken kann. Der Körper strebt stets einen optimalen Energiehaushalt an, um aus wenig Nahrung möglichst viel Energie herstellen zu können (Evolutionsbedingt: In Zeiten von Nahrungsmittelknappheit war es überlebensnotwendig einen maximal effizienten Energiehaushalt zu besitzen). Knochendichte nimmt ab weil die Zug- und Druckkräfte auf den Knochen geringer werden und die Beweglichkeit wird unter anderem aufgrund sich „verfilzender“ Bindegewebsstrukturen (sog. Faszien) schlechter. Generell gesagt: Der Körper wirft unnötigen Ballast ab. In anderen Worten: Nutze xyz nicht, und du verlierst xyz – Or Lose It.

 

Hier würde ich jedoch gerne dem Spruch „Use It Or Lose It“ etwas Härte nehmen. Lose It klingt so endgültig. In wenigsten Fällen ist dies aber der Fall. Oftmals kann die verlorene Fähigkeit durch Training/Benutzen wieder aktiviert werden. Je nach Länge der Trainingspause kann dies kürzer oder länger dauern.

 

Der Körper hat sogar Mechanismen entwickelt, die helfen sollen, nach einer Pause schneller wieder an seine alten Fähigkeiten anknüpfen zu können. Darunter zählt zum Beispiel der sogenannte Memory Effekt der Muskulatur. Dieser besagt, dass nach einer Trainingspause, die ursprüngliche Muskelmasse und Kraft schneller wieder auf dem alten Level ist, als die Zeit, die es vor der Pause gebraucht hat, die Muskulatur aufzubauen. Hintergrund hierbei ist zum einen, dass die Muskelzellen an Volumen verloren haben, jedoch nicht „aufgelöst“ worden sind (Der Zellkern bleibt erhalten, und somit auch die „Intelligenz der Zelle“) und somit wieder aktiviert werden können. Zudem bestehen immer noch die Bewegungsmuster (z.B. ausführen einer Kniebeuge), die nun nichtmehr erlernt werden müssen. 

 

Praktische Anwendung

 

Ich hoffe, dass ich dir aufzeigen konnte, was die Grundlagen hinter dem Sprichwort sind. Wenn du dir nun Gedanken machst, fallen viele „Warum?“-Fragen plötzlich weg. Warum bin ich so unbeweglich? Warum habe ich keine Kraft? Warum habe ich unterentwickelte Rumpfmuskulatur und Rückenschmerzen? Die Antwort auf diese Fragen: Wahrscheinlich, weil du deinen Körper/diese Fähigkeiten nicht benutzt! Wie häufig bewegst du deine Gelenke bis an das Ende ihrer Bewegungsgrenzen (und damit in eine Dehnposition)? Wie häufig wendest du Kraft auf? Oftmals ist die Antwort darauf: Könnte mehr sein.

Zum Schluss noch ein paar praktische Tips, an die du gerne öfter denken kannst:

 

Je nach Ziel, verbringe mehr Zeit mit der Erfüllung dieser:

 

Beweglichkeit: Fordere deine Beweglichkeit in vielen Situationen (an Ästen/Stangen im Bus/Türrahmen aushängen, auf Treppen/Steinen Wadenmuskulatur dehnen, beim Lesen in einer Kniebeuge sitzen, oder, oder, oder..)

 

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Kraft: Mache täglich Tätigkeiten die deine Kraft trainieren (schwere Einkaufstüten in einer Hand tragen – vielleicht sogar überkopf, zwei, drei, vier oder fünf Treppenstufen auf einmal nehmen, Rumpfmuskulatur öfter bewusst anspannen – im sitzen, im gehen, im liegen, etc.)

 

Dysbalancen Ausgleichen: Du merkst, dass du im stehen ein Bein mehr als das andere Belastest? Du stellst fest, dass du dich generell nur zu einer Seite umdrehst? Du benutzt im Alltag für gewöhnlich nur die rechte Hand? Achte ein wenig auf dich und deinen Körper und du wirst solche „Kleinigkeiten“ feststellen. Das nächste mal versuche doch deine „schwache“ Seite zu verwenden..

 

Ich hoffe, dass dir dieser doch sehr generelle Artikel gefallen hat. Bei weiteren Fragen melde dich einfach bei mir (info@nilteisner.de).

 

Stay loose und Keep moving,

Nil

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